· 

Bienvenido a Espagña

Das spanische Temperament verschenkt sich nicht billig und beiläufig, es wartet auf den hohen Anlaß, den Funken, der die Befreiung bringt und es nun allerdings mit Urgewalt hervorbrechen läßt.“

Als Michel sich am Tag unserer Einreise in Spanien am Abend auf dem Weg zum Duschen machte, schien die südspanische Welt noch in Ordnung: Unsere Kinder spielten vergnügt mit kleinen Spanierinnen und Spaniern auf dem Spielplatz, an der Poolbar wurde noch Kaffee getrunken; während wir schon längst zu Abend gegessen hatten, fingen die Einheimischen allmählich an ihre kulinarischen Vorbereitungen zu treffen und ich freute mich auf einen wohlverdienten Feierabend nach einem langen Reisetag.


Doch dem war nicht so. Urplötzlich füllte sich nach nur wenigen Klängen aus einer schlechten Musikbox auf fürchterlichen 90er-Jahre Eurodance-Trash der Vorplatz und die harmlos wirkenden Spanier verwandelten sich in feierwütige Partykönige. Es wurde getanzt, gesungen und - sehr zur Freude unserer Kinder (und vielleicht ein ganz klein wenig auch zu meiner eigenen) - mit buntem Farbpulver in die Menge gesprüht. Ein Holi-Festival in Südspanien, damit hatten wir nicht gerechnet, hatten wir auf unserer bisherigen Reise Animation doch stets erfolgreich gemieden.  

Michel traute seinen Augen nicht, als er uns zum Schlafengehen abholen wollte und glaubte, einen Kindergeburtstag auf LSD vorzufinden. Die Nacht wurde noch lang, laut und bunt und selbst als wir uns gegen halb eins dann endlich schlafen legten, tanzten und feierten noch immer sämtliche spanische Kinder aller Alterskategorien. Das eingangs erwähnte Zitat aus einem Zeit-Artikel aus dem Jahre 1960 (!) über Stierkampf und Flamenco lässt sich noch fast 60 Jahre später unmittelbar auf spanische Campingurlauber übertragen. Doch wie hieß es in dem Artikel weiter: „Die sonderbare Sympathie, die Spanier und Deutsche füreinander empfinden, hat ihren Grund darin, daß sich hier zwei Gehemmte begegnen und verwandtschaftlich angezogen fühlen: zwei Gehemmte, deren zurückgedrängte innere Spannungen nur im Extrem frei werden.“ (nachzulesen auf zeit online, Spanische Temperamente, von Günter Bjöcker)


Kommentar schreiben

Kommentare: 3
  • #1

    Oma Inge (Samstag, 08 September 2018 09:42)

    Olala, ihr seht ja furchterregend aus. Aber ihr hattet bestimmt viel Spaß dabei. War für euch doch ein Highlight.
    Ganz liebe Grüße aus Kröv und Reil von Uroma Inge (die garantiert sagen würde: die "Kerle" müßten aber mal zum Friseur)





  • #2

    Oma Ela (Montag, 10 September 2018 16:20)

    Also von Hemmungen kann man in Bezug auf euch nun wirklich nicht sprechen. Aber ein schönes Zitat und tolle Fotos. Ich würde es kürzer ausdrücken "wehe wenn sie losgelassen "

  • #3

    Manja (Dienstag, 09 Oktober 2018 08:02)

    Wow! Das sieht nach RICHTIG vielSpaß aus!
    Da wäre ich gerne dabei gewesen!